
Der stellvertretende Vorsitzende Goran Nikoloski und Beiratsmitglied Simona Lupu trafen sich per Videokonferenz mit dem Bundestagsabgeordneten, Herrn Thomas Hacker.
Abgeordneter Hacker informierte den Vorstand über den aktuellen Stand der EU-Beitrittsgespräche mit Makedonien.
Nikoloski betonte im Gespräch, dass die Republik Makedonien bereits seit 2005 den EU-Kandidatenstatus hat. Die Aufnahme offizieller Beitrittsverhandlungen wurde aber zunächst von Griechenland und zuletzt von Nachbarland und EU-Mitglied Bulgarien blockiert: Während es Zugeständnisse in Identitäts-, Geschichts- und Sprachfragen von Makedonien abringen wollte, beanspruchte Griechenland den Namen Makedonien und setzte schließlich eine Änderung des Staatsnamens durch.
Während des Gesprächs sagte der Abgeordnete Hacker, dass die makedonische Regierung unter großen Anstrengungen den lähmenden Namensstreit mit der Hellenischen Republik beigelegt, sich mit seinen Nachbarn ausgesöhnt und Reformen im Innern vorangetrieben habe. Der von Griechenland auferlegte Namensstreit war für Herrn Hacker unverständlich: „Man müsse nach vorne schauen, Vergangenes sein lassen und gemeinsam in die Zukunft schauen, man müsse für Völkerverständigung, für den Frieden und Prosperität stehen“. Nikoloski erinnerte Herrn Hacker, dass genau das Makedonien und all seine Bürger wollen: „Nur das Problem bestehe, das gewisse Nachbarländer nicht die Realität anerkennen wollen wie z.B. die makedonische Identität und Sprache. Gewisse Kreise in den Nachbarstaaten Makedoniens verfallen alten Träumen von Großstaaten und thematisieren Geschichte und Identität anderer Völker, auch um von innenpolitischen Problemen abzulenken, sie missbrauchen ihr Vetorecht als EU-Mitgliedstaat anstelle als Vorbild in der Region zu figurieren und die Region demokratisch und wirtschaftlich weiter nach vorne zu bringen. Die EU hätte das von Beginn an nicht erlauben dürfen“, sagte Nikoloski.
Herr Hacker sprach sich für die Änderung des Wahlverfahrens bei außenpolitischen Entscheidungen z.B. bei EU-Beitrittsverhandlungen. Mit der Abschaffung des Vetorechts in der EU soll mehr Effizienz geschaffen und Mehrheitsentscheidungen im Rat der EU ermöglicht werden: „Bei jeder Reformdiskussion, bei jeder Vorbereitung auf eine Vertragsänderung taucht die Idee auf. So ist es auch nach wie vor. Wer genug hat von Blockaden einzelner Mitgliedsländer oder wer möchte, dass die EU schneller entscheidet, der verlangt die Abschaffung des Vetos im Rat der EU und den Übergang zu Entscheidungen mit qualifizierter Mehrheit.“
Nikoloski begrüßte diese Initiative, jedoch im Falle Makedoniens EU-Beitrittsbestrebungen kommt dieses zu spät. Zukünftig können wenigstens spätere Kandidaten davon profitieren.
Der Beitrittsprozess Makedoniens war lange blockiert. Erst durch eine bilaterale Einigung im Streit um die Umsetzung des Freundschaftsvertrages zwischen Bulgarien und Makedonien konnte der Rat am 18.07.2022 den EU-Verhandlungsrahmen sowie die begleitenden Ratsschlussfolgerungen für die Beitrittsverhandlungen beschließen. Somit konnte am 19.07.2022 schließlich die erste Beitrittskonferenz mit der Republik Makedonien stattfinden.
Die EU Kommission beginnt nun mit dem sogenannten Screening. Hierzu prüft sie eingehend gemeinsam mit dem Bewerberland das Vorbereitungsniveau des Landes zur Übernahme des Besitzstandes der EU, also die Gesamtheit des gültigen EU-Rechts. Nach Abschluss der Screenings wird die EU-Kommission hierzu den Mitgliedsstaaten einen Bericht vorlegen, auf dessen Basis der Rat dann einstimmig über die Öffnung der ersten Verhandlungscluster entscheidet, in denen einzelne Themenbereiche abgearbeitet werden. Bevor die ersten Verhandlungscluster geöffnet werden können, muss zuvor noch eine Verfassungsänderung stattfinden, mit der die sogenannte „bulgarische Minderheit“ in die makedonische Verfassung aufgenommen wird (bei der Volkszählung im Jahr 2001 haben sich nur 1444 als Bulgaren bekannt).
Nikoloski wies darauf hin, dass durch die Annahme des Kompromiss, ein Vorschlag des französischen Präsidenten Macron und mitgetragen von Bundeskanzler Scholz, Bulgarien weiter ermöglicht, den Fortgang der Beitrittsverhandlungen zu blockieren. Für die makedonische Regierung gebe es bei einer Verfassungsänderung keine Garantie, dass Bulgarien keine weiteren Forderungen stelle oder sogar im laufenden Beitrittsprozess die Verhandlungen nicht weiter blockieren werde: „Bilaterale Angelegenheiten wie die Interpretation der Geschichte sind keine Bedingungen der Beitrittsgespräche. Es stehe nicht im Einklang mit den europäischen und demokratischen Prinzipien. Des Öfteren wird das Selbstbestimmungsrecht der ethnischen Makedonen, ein universelles Recht, missachtet, gleichermaßen wird die Souveränität einer Nation und die territoriale Integrität eines Staates, direkt, offen und in aggressiver Weise in Frage gestellt- und das noch von einem EU-Mitgliedstaat“, betonte Nikoloski.
2019 sprach sich Herr Hacker für die Aufnahme von EU-Beitrittsgesprächen mit der Republik Makedonien. Als Obmann im Europaausschuss unterstützt er den Beitrittsprozess der Staaten des westlichen Balkans: „die Integration des westlichen Balkans ist ein Gewinn für Menschen, Sicherheit, Rechtsstaatlichkeit und Wohlstand in der Region und in der EU gleichermaßen und ein wesentlicher Baustein zur Vollendung der europäischen Einheit“.
Die Anträge Makedoniens und Albaniens werden von der EU-Kommission gemeinsam behandelt. Nach 17 Jahren konnte nun der Prozess von Beitrittsverhandlungen mit der Europäischen Union gestartet werden.
Der Vorstand dankt Herrn Hacker für das Treffen.
Thomas Hacker war von 2008 bis 2013 Mitglied des Bayerischen Landtags und dort Vorsitzender der FDP-Landtagsfraktion. Seit 2017 ist er Mitglied des Deutschen Bundestages. Er kandidierte für die FDP im Wahlkreis Bayreuth und zog jeweils über die Landesliste der FDP-Bayern in den Bundestag ein. Er ist Mitglied im Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union und Obmann im Ausschuss für Kultur und Medien. Im letzteren ist er medienpolitischer Sprecher der Fraktion. Darüber hinaus ist er Vorstandsmitglied der überparteilichen Parlamentariergruppe Europa-Union Deutschland, die sich für ein föderales Europa und den europäischen Einigungsprozess einsetzt und stellvertretender Vorsitzende der Deutsch-Südosteuropäischen Parlamentariergruppe (Serbien, Bosnien und Herzegowina, Montenegro, Kosovo, Albanien und Makedonien) des Deutschen Bundestages und Vizepräsident der Südosteuropa-Gesellschaft e.V. (SOG).