Florian Wiest: Der Kampf um die makedonische Identität im Fokus

Es ist uns eine Ehre und Freude, Ihnen heute eine besonders engagierte Persönlichkeit vorstellen zu dürfen, die sich nicht nur leidenschaftlich für die Erforschung der makedonischen Geschichte einsetzt, sondern auch aktiv dazu beiträgt, unser historisches Erbe zu pflegen und zu verbreiten. Im Zeichen der Wertschätzung für ihr herausragendes Engagement wurde Florian Wiest ein Exemplar des Buches „Gründung der unabhängigen Republik Makedonien“ von Dr. Dejan Marolov und Oliver Mitev für seine Doktorarbeit überreicht.

Es ist wichtig zu betonen, dass dieses Buch vom Zentralrat der Makedonen in Deutschland finanziert und ins Deutsche übersetzt wurde, mit dem Ziel, die makedonische Seite der Geschichte einem breiteren Publikum zugänglich zu machen. Es soll dazu beitragen, dass die makedonische Geschichte ihren verdienten Platz in Bibliotheken und Universitäten findet, damit auf Fakten basierend gelehrt wird.

Florian Wiest, als erste Person, die um Unterstützung für seine Doktorarbeit gebeten hat, verdient besondere Aufmerksamkeit und Unterstützung. Deshalb möchten wir Sie bitten, sich zunächst kurz vorzustellen, bevor wir in die Tiefe gehen und mehr über Ihre Forschung und Vorhaben erfahren möchten.

Könnten Sie sich bitte kurz vorstellen und uns einen Einblick in Ihre bisherige Arbeit und Ihre Forschungsschwerpunkte geben, insbesondere im Zusammenhang mit Politik, Geschichte und Südosteuropa?

Ich bin Politik-, Geschichts- und Südosteuropawissenschaftler und habe unter anderem in Kassel und Jena studiert. Makedonisch habe ich aufgrund fehlender Möglichkeit privat lernen müssen und habe an der Friedrich-Schiller Universität Jena Albanisch, Bulgarisch und Griechisch belegt. In meinen früheren Arbeiten habe ich mich anhand der Staatszerfallstheorie mit dem staatlichen Souveränitätsverlust Makedoniens durch den ethnischen Konflikt zwischen Albanern und Makedonien sowie die fehlende Anerkennung von Nation und Staat durch Griechenland und Bulgarien beschäftigt.

In einer weiteren Arbeit habe ich das von der SDSM und DUI im geringerem Umfang geplanten und durch die VMRO-DPMNE als „Skopje 2014“ umgesetzten Projekt beschäftigt und dabei den konkurrierenden Nationsbildungsprozess der Makedonier und Albaner und dessen Repräsentation im öffentlichen Raum in den Fokus gerückt.  Ebenso war die Betrachtung der von den Nachbarstaaten Bulgarien und Griechenland beanspruchte makedonischen Geschichte, bzw. Teile dessen, notwendig.  Die Rolle der Makedonisch Orthodoxen Kirche im  Nationsbildungsprozess der Makedonier sowie der Kirchenstreit mit der Serbische Orthodoxen Kirche bildete einen weiteren Teil dieser Arbeit und ebenso wurde das Projekt „Skopje 2014“ im ganzen analysiert.

Nach dieser Vorstellung würden wir gerne mehr über Florian Wiest Forschung und Vorhaben erfahren. Hier sind einige Fragen, die er gerne beantworten kann:

Was hat Sie dazu inspiriert, sich auf das Thema „Innere und äußere Einflüsse im Nationsbildungsprozess der Makedonier“ für Ihre Doktorarbeit zu konzentrieren? Können Sie uns etwas über Ihre bisherigen Erkenntnisse auf diesem Gebiet erzählen?

Die Beschäftigung mit diesem Thema basiert darauf, dass ich mich bereits in meiner Bachelor- und Masterarbeit in geringerem Umfang mit Teilgebieten damit beschäftigt habe und diese in meiner Doktorarbeit vertiefe.

Wie haben Ihre früheren Studien und Ihre Masterarbeit über Makedonien dazu beigetragen, Ihr Verständnis für das Thema zu vertiefen? Gab es spezifische Schlüsselerkenntnisse oder -erfahrungen, die Ihren Forschungsweg beeinflusst haben?

Die Arbeiten bauten in Teilgebieten aufeinander auf und im Studium der Südosteuropawissenschaften wählte ich bewusst Module, die thematisch am Großraum Makedonien orientiert waren, durch eine Vielzahl an privaten und wissenschaftlichen Kontakten sowie Forschungsreisen konnte ich die bereits gewonnen Erkenntnisse dann vertiefen.

Als Schlüsselerlebnis würde ich Griechenland bezeichnen, da man nur bei der Erwähnung von Makedoniern in einem Nicht-Griechischen Kontext auch als Deutscher eindeutige Abneigung zu spüren kriegt, das Land als „Skopje“ oder die Bevölkerung als „Bulgarien“ zu titulieren ist dabei noch das „freundlichste“. Die Kommentarbereiche einer Studie in Griechenland, waren mit einer Vielzahl nationalistischer und revisionistischer Ergüsse, Beleidigungen und sogar persönlichen Drohungen versehen. Das „Makedonische“ fühlt sich in Griechenland immer noch als etwas bedrohliches und überwachtes an.

Welche Rolle spielt die makedonische Diaspora in Ihrem Forschungsbereich, und wie haben Sie mit ihr zusammengearbeitet? Gibt es bestimmte Herausforderungen oder Chancen, die sich aus dieser Zusammenarbeit ergeben haben?

Die Betrachtung der makedonischen Diaspora stellt in meiner Doktorarbeit nur einen kleinen Teil dar, jedoch besitzt diese durch Erinnerung in Form von Musik, Tänzen, Trachten, Festen, rituellen Gegenständen oder Instrumenten, die Weitergabe der Sprache sowie der Religion eine wichtige Rolle zum Erhalt der makedonischen Identität.

Neben Bräuchen, Trachten, Musik, kulinarischer Tradition, Sprache und Religion sind auch die Konflikte der Makedonier mit ausgewandert, wie z.B. die nationale und religiöse Beanspruchung durch die Nachbarstaate, welcher sich oft in die Diasporagemeinden und ihre Organisationen übertragen hat. Dies gilt dabei vorrangig für die Griechische Diaspora, sowie nachrangig die Bulgarische Diaspora, wodurch die Betrachtung dieser exportierten Konflikte sowie der Einfluss der makedonischen Diaspora auf die makedonische Gesellschaft und den Staat, sehr von Bedeutung für den Nationsbildungsprozess der Makedonier ist.

Insgesamt gibt es nur einzelne Arbeiten zur makedonischen Diaspora in Australien sowie den USA. Wissenschaftliche Arbeiten zu Organisation, Koordination, Vernetzung und Tätigkeiten der makedonischen Diasporagruppen fehlen gerade im europäischen Kontext vollständig.

Ich konnte diesbezüglich bereits Interviews mit Meto Koloski (UMD-United Macedonian Diaspora / USA), Vera Sekulovska (UMD Australien), Stojko Stojkov (OMO „Ilinden“ – PIRIN Bulgarien), Nikola Gјurgjaj („Ilinden“ – Tirana – Albanien) sowie mit meiner Freund Prof. Pavlos Voskopoulos (Regenbogenpartei / Ouránio Tóxo / Vinožito – Griechenland geführt. Mit Pavlos Voskopoulos traf ich mich auch letztes Jahr privat in Lerin (Florina).

Für die weiter Zukunft nach dem Abschluss der Promotion könnte ich mir vorstellen, mich  noch einmal umfangreicher in einer wissenschaftlichen Arbeit mit der makedonischen Diaspora zu befassen.

Im Namen des Zentralrats der Makedonen möchten wir Florian Wiest unseren aufrichtigen Dank aussprechen für sein unermüdliches Engagement und seine bahnbrechenden Forschungsbeiträge zur makedonischen Geschichte und Identität. Seine Hingabe zur Erforschung und Verbreitung unseres kulturellen Erbes ist von unschätzbarem Wert und wird zweifellos dazu beitragen, dass die makedonische Geschichte ihren rechtmäßigen Platz in der Weltgeschichte einnimmt.

Wir sind zutiefst beeindruckt von Florians bahnbrechender Arbeit und seinem tiefen Verständnis für die komplexen Dynamiken des Nationsbildungsprozesses der Makedonier. Möge seine Doktorarbeit ein Meilenstein in der Forschung sein und dazu beitragen, die Welt für die reiche kulturelle Vielfalt und historische Bedeutung Makedoniens zu sensibilisieren.

Wir wünschen Florian Wiest alles Gute für seine Doktorarbeit und für all seine zukünftigen Unternehmungen. Möge sein unermüdlicher Einsatz für die Wahrung und Verbreitung der makedonischen Identität weiterhin Früchte tragen und die nächsten Generationen inspirieren.